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Beitrag vom 23.Sept. 2014

FAZ: Kunden fordern Handkäse nun auch online an

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Hüttenberg ist die hessische Handkäs’-Hauptstadt. Der größte Hersteller kann über das Geschäft nicht klagen. Zumal er das Traditionsprodukt auch auf moderne Weise vertreibt.

23.09.2014, von THORSTEN WINTER, HÜTTENBERG

Für wen ist Handkäse gedacht? Klaus Birkenstock muss nicht lange überlegen: „Jeder sollte Handkäse essen“, meint er. Und sein Sohn Nils fügt hinzu: „Handkäse passt in die Zeit, er enthält viel Eiweiß und kaum Fett.“ Ihre Antworten sollten niemanden verwundern, schließlich verdienen beide ihr Geld mit der hessischen Spielart des Sauermilchkäses. Allerdings isst längst nicht jeder Handkäse. „Er ist ein Produkt vor allem für Ältere, die es kennen“, gibt Klaus Birkenstock, Geschäftsführer des gleichnamigen Herstellers mit Sitz in Hüttenberg, zu. Aber auch Jüngere griffen zu, wenn man ihnen den Handkäse denn näher bringe. Dem Handkäse geht es wie dem Äpfelwein – er ist ein Nischenprodukt, selbst in Hessen. Doch klagen kann der Chef der Käserei H. Birkenstock GmbH nicht.

Die vergangenen beiden Jahre liefen ziemlich gut für die Oberhessen, deren Produkte im Rhein-Main-Gebiet in kaum einem Lebensmittelmarkt fehlen und in Frankfurter Äpfelweinkneipen gerne gereicht werden. 2300 Tonnen Handkäse lieferte das Familienunternehmen 2013 aus, mehr als jemals zuvor, wie der Seniorchef sagt. Und aus ihrer Sicht hat das Geschäft auch Zukunft: 2012 kauften die Birkenstocks die mit ihnen verwandte Familie Weber aus dem Unternehmen heraus, Nils Birkenstock hält seitdem ebenso wie seine Schwester Lena Anteile am Betrieb, zudem zeichnet er als Prokurist.

Marge vor Menge lautet die Devise
Dass der größte Handkäse-Hersteller in Hüttenberg in diesem Jahr etwa 500 Tonnen weniger produzieren wird als vor Jahresfrist, geschieht aus Kalkül. Eine Einzelhandelskette wollte für Handelsmarken, auf deren Verpackung der Name des Herstellers nur klein geschrieben steht, weniger zahlen, als Birkenstock haben wollte. Marge vor Menge, lautet aber die Devise der Hüttenberger, die profitabel wirtschaften, wie der Seniorchef sagt. Zum Umsatz schweigt er aber.

Als Firmengründer Heinrich Birkenstock 1959 den Betrieb als Einzelunternehmer aufnahm, stellte er 100 Kilogramm Handkäse in der Woche her. Mittlerweile zählt Birkenstock 35 Mitarbeiter und produziert 35 bis 40 Tonnen Sauermilchkäse binnen sieben Tagen. Das entspricht nach Angaben der Hüttenberger dem Inhalt von drei gefüllten Sattelzügen. An Expansion denken die Chefs nicht, weil sie sich nicht noch abhängiger vom Handel machen wollen.

Aber nicht nur mit Blick auf die Betriebsgröße hat sich seit Heinrich Birkenstocks Tagen viel getan. Die Zahl der Käsereien in der hessischen Handkäse-Hauptstadt ist mit den Jahren immer weiter gesunken. Gerade hat einer der Wettbewerber in der Lokalpresse bekanntgegeben, Ende des Monats den Vertrieb einzustellen. Die Produktion gab er schon vor etwa anderthalb Jahren auf, mangels Nachfolger, wie zu hören ist.

Nun gibt es noch drei Hersteller am Ort, außer Birkenstock sind es die kleinere Käserei Wilhelm Mack (Inhaber Willi Jung) und die damit nicht zu verwechselnde Käserei Mack GmbH, die zum Teil auch für Birkenstock produziert. Sie halten gemeinsam etwa mit der Käserei Horst in Groß-Gerau die Fahne der hessischen Sauermilchkäse-Tradition hoch. Klarer Marktführer ist laut Klaus Birkenstock aber der Molkereiriese Müller. Er beliefert mit Handkäse aus seinem Betrieb in Leppersdorf in Ostdeutschland unter anderem Aldi-Süd, während Birkenstock bei Aldi-Nord gut im Geschäft ist. In Rhein-Main und Hessen liefert Birkenstock an Edeka, Rewe, Globus sowie Alnatura und Tegut, für deren Marken die Hüttenberger eigenen Handkäse herstellen.

Ihre Produktpalette weist 28 Varianten auf, vom Mainzer Käse mit Kümmel über Landkorbkäse und Bauernhandkäse bis hin zu Quargel in Bio-Qualität. Bio-Käse macht laut Klaus Birkenstock etwa ein Zehntel der Produktion aus, der Anteil schwankt demnach kaum. „Da tut sich wenig.“ Regionale Herkunft sei auch nicht unbedingt entscheidend, selbst wenn Einzelhändler gerne mit Produkten aus der Region würben: „Wenn es um den Preis geht, wird ,regional‘ schnell verworfen.“

Ein anderer gesellschaftlicher Megatrend könnte den Handkäse-Herstellern aber dauerhaft in die Karten spielen, wenn denn Handkäse wirklich vor allem etwas für ältere Gaumen ist: die fortschreitende Alterung der Gesellschaft. Der Verkaufserfolg hängt aber auch davon ab, was die Händler den Kunden anbieten. Da mangele es schon jetzt an Vielfalt, meint der Seniorchef. Birkenstock will aber nichts dem Zufall überlassen. Seit Jahresbeginn vertreibt der Betrieb seine Produkte auch online an Privatleute. „Das klappt gut.“

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